Initiating A Project (IP)

Mit der Freigabe der Initiierungsphase des Projekts durch den Lenkungsausschuss beginnt das Projekt. Diese Phase ist zugleich die erste und obligatorische Managementphase eines PRINCE2-Projekts.

Ziel aller Aktivitäten des Initiierungsprozesses ist es, das Projekt auf ein solides Fundament zu stellen. Alle im Projektverlauf folgenden Aufgaben erhalten so einen sicheren Managementrahmen, und ein valider Plan bildet die Grundlage des Handelns und der Kommunikation.

Es werden die verschiedenen Pläne, Aufgaben, Steuerungsmechanismen und Verantwortlichkeiten definiert und der Lenkungsausschuss bekommt die Werkzeuge (Steuerungsmittel) an die Hand, das Projekt zu steuern und zu lenken. In Summe werden Kriterien für die Entscheidungsfindung bei zukünftigen Aufgaben definiert und damit Steuerbarkeit und ein gemeinsames Verständnis ermöglicht. Jedes Mitglied des Projektmanagementteams sollte anschließend die Gründe für das Projekt verstanden haben und:

  • welche Produkte zu liefern sind
  • wer was verantwortet
  • welche Meilensteine und Kosten geplant sind
  • welche Qualität geliefert werden soll
  • wie Risiken und offene Punkte verwaltet werden
  • welche Kommunikationswege einzuhalten sind
  • wie PRINCE2 in diesem Projekt Anwendung findet

Es ist eine Grundphilosophie von PRINCE2 alle Projektbeteiligten über die getroffenen Vereinbarungen zu informieren. Dadurch wird eine aktive Mitarbeit gefördert und jeder ist aufgefordert weitere Punkte einzubringen, wie das Projekt noch effektiver oder effizienter durchgeführt werden kann.

Das wichtigste Produkt, das während des Prozesses Initiieren eines Projekts entsteht, ist die Projektleitdokumentation (Project Initiation Document = PID). Die Projektleitdokumentation enthält neben der Projektdefinition unter anderem:

Die Projektdefinition wird aus der Projektbeschreibung, die in „Vorbereiten eines Projektes“ entwickelt wurde, abgeleitet und ggf. aktualisiert.

Der Projektplan beinhaltet Zeit- und Kostenschätzungen, die entsprechenden Produktbeschreibungen der zu liefernden Teilprodukte und auch die Produktbeschreibung des Projektendproduktes, Zeitpläne sowie den Produktstrukturplan und die Produktflussdiagramme. Er bildet die Grundlage für die projektweite Kommunikation (intern und extern), ein erfolgreiches Risikomanagement sowie die Sicherung der Qualität und eine effektive Berichterstattung. Der Lenkungsausschuss hat mit dem Projektplan jederzeit den Sollstand vor Augen und kann den aktuellen Projektfortschritt mit diesem Plan vergleichen. Basierend auf diesen Informationen wird der Lenkungsausschuss in die Lage versetzt, fundierte Entscheidungen zu treffen.

Die Anpassung von PRINCE2 an die Projektumgebung kann unter Einhaltung der PRINCE2 Prinzipien zu verschiedenen Zeitpunkten erfolgen. Einzelne Prozesse oder Prozessaktivitäten können zusammengeführt oder auch erweitert werden. Inhalte der Managementprodukte können hinzugefügt oder neu zusammengesetzt werden. Zu beachten ist bei der Anpassung, dass zu jeder Zeit im Projekt die Einhaltung der Prinzipien sichergestellt sein muss.

Risikomanagementstrategie erstellen

In dieser Aktivität werden eine Risikomanagementstrategie und ein Risikoregister für das Projekt erstellt.

In der Risikomanagementstrategie werden die Ziele des Risikomanagements beschrieben, das anzuwendende Risikomanagementverfahren mit den entsprechenden Aktivitäten definiert, Rollen und Verantwortlichkeiten bestimmt, die Toleranzen definiert sowie die zu verwendenden Tools und Techniken und die Berichterstattung vereinbart.

Das Risikoregister dient dem aktiven Management der identifizierten Risiken. Inhalte können die Risikobeschreibung, die Eintrittsnähe, die Eintrittswahrscheinlichkeit, vorhandene Frühwarnindikatoren, die Auswirkung, die Risikobewertung mit dem erwarteten Risikowert, der Status, die gewählte Maßnahme und die Verantwortlichen sein.

Grundsätzlich wird zum jetzigen Zeitpunkt auch das notwendige Risikobudget vereinbart. Hierin kann ebenfalls ein sogenanntes Notfallbudget enthalten sein.

Aktivität Risikomanagementstrategie erstellen
Ereignis Freigabe der Projektinitiierung
Input Projektbeschreibung, Erfahrungsprotokoll, Projekttagebuch
Erstellen (Teil der) Projektleitdokumentation (Risikomanagementstrategie), Risikoregister

Konfigurationsmanagementstrategie erstellen

Um Spezialisten- und Managementprodukte richtig zu verwalten, wird die Konfigurationsmanagementstrategie erstellt. In dieser Strategie wird die Administration der Produkte und deren Aufbewahrung und Dokumentation definiert. Außerdem regelt die Konfigurationsmanagementstrategie wie mit Änderungen verfahren wird, wie die Produkte versioniert werden und definiert die entsprechenden Verantwortlichkeiten. Die Tiefe der Dokumentation ist abhängig von der Art und Komplexität des Projekts sowie den Abhängigkeiten zwischen den Produkten.

Jedes Produkt wird in Form eines Datensatzes im Verlauf des Projekts dokumentiert und der Status aktualisiert. Dieses Configuration Item (CI)Konfigurationselement – wird vom Konfigurationsadministrator gesteuert und in Form des Managementproduktes Konfigurationsdatensatz dokumentiert.

In der Aktivität „Konfigurationsmanagementstrategie erstellen“ wird auch das Register offener Punkte angelegt, in dem alle formalen Offenen Punkte, also Probleme/Anliegen, Spezifikationsabweichungen und Änderungsanträge, aufgezeichnet werden.

Aktivität Konfigurationsmanagementstrategie erstellen
Ereignis Freigabe der Projektinitiierung
Input Projektbeschreibung, Erfahrungsprotokoll, Risikoregister, Projekttagebuch
Erstellen (Teil der) Projektleitdokumentation (Konfigurationsmanagementstrategie), Konfigurationsdatensätze, Register offener Punkte
Aktualisieren (Teil der) Projektleitdokumentation (Struktur des Projektmanagementteams, Rollenbeschreibungen)

Qualitätsmanagementstrategie erstellen

Die Qualitätsmanagementstrategie hat die zentrale Aufgabe, die folgende Frage zu beantworten: Was ist zu tun, damit das Projektendprodukt den Erwartungen des Kunden entspricht? Diese Strategie beschreibt das projektinterne Qualitätsmanagementsystem.

Inhalte der Qualitätsmanagementstrategie sind:

  • Verweise auf Standards (Qualitätsmanagementpolicy) und Handbücher
  • Verfahren (Qualitätsplanung, Sicherung und Steuerung) in Form des Qualitätskontrollpfads
  • Tools und Techniken
  • Anforderungen an das Qualitätsregister
  • Zeitpläne
  • Rollen und Verantwortlichkeiten (projektintern und organisationsweit)

Aktivität Qualitätsmanagementstrategie erstellen
Ereignis Freigabe der Initiierung
Input Projektbeschreibung (Produktbeschreibung des Projektendproduktes), Erfahrungsprotokoll, Risikoregister, Register offener Punkte
Erstellen (Teil der) Projektleitdokumentation (Qualitätsmanagementstrategie), Qualitätsregister

Kommunikationsmanagementstrategie erstellen

Die Kommunikationsmanagementstrategie beschreibt wer von wem was, wann, in welchem Format erhält, d.h., wie Informationen zwischen den Mitgliedern des Projektmanagementteams und zu externen Stakeholdern ausgetauscht werden. Einen Schwerpunkt bildet hier die Kommunikation zwischen dem Projekt und dem Unternehmens- oder Programmmanagement.

Zusätzlich werden die zu verwendenden Tools, das Kommunikationsverfahren, die zu informierenden Stakeholder und die Rollen und Verantwortlichkeiten bestimmt.

Aktivität Kommunikationsmanagementstrategie erstellen
Input Projektbeschreibung, Erfahrungsprotokoll, Risikoregister, Register offener Punkte, Teil der Projektleitdokumentation (Risiko-, Qualitäts- und Konfigurationsmanagementstrategie)
Erstellen Teil der Projektleitdokumentation (Kommunikationsmanagementstrategie)

Eine gute und vor allem eine gelebte Kommunikationsmanagementstrategie stellt sicher, dass alle Beteiligten den gleichen Informationsstand haben und verhindert „böse“ Überraschungen auf allen Managementebenen.

Steuerungsmittel einrichten

Projektsteuerungsmittel sind Mechanismen, die helfen, den Projektfortschritt auf jeder Managementebene zu beurteilen und auf dieser Grundlage richtige Entscheidungen zu treffen. Die Steuerungsmittel werden auf allen Managementebenen angewendet. So werden z.B. durch die Managementebenen Lenken, Managen und Liefern die Toleranzen „top-down“ für die jeweiligen Ebenen festgelegt, die dann wiederum über ein eindeutiges Berichtsverfahren „Bottom-Up“ gesteuert werden. Dadurch wird der frühzeitige Informationsaustausch gefördert und gleichzeitig (zu) späte Eskalation verhindert.

In diesem Zusammengang werden parallel zum Projektplan ebenfalls die entsprechenden Phasenübergänge definiert. Grundlage für diese Entscheidung sind im Wesentlichen die folgenden Fragen:

  • Wann hat das Projekt einen wichtigen Entscheidungspunkt erreicht?
  • Wie hoch sind das Risiko und die Komplexität der einzelnen Phasen?

Die Aufteilung in Managementphasen ist ein wichtiger Steuerungsmechanismus, da dadurch an den jeweiligen Phasenübergängen Informationen bereitgestellt werden, die den Lenkungsausschuss bei der Entscheidung unterstützen, ob mit dem Projekt fortgefahren werden soll. Hier werden zeitgesteuerte und ereignisgesteuerte Steuerungsmittel gemeinsam mit dem Projektplan definiert. Das bedeutet, es wird festgelegt, zu welchen Zeitpunkten im Projektverlauf verschiedene Managementprodukte zur Bestimmung und Steuerung des Projektfortschritts genutzt werden. Das Eskalationsprozedere, die Delegation der Toleranzen und die Überwachung der Arbeitspakete gehören ebenso zu den Steuerungsmitteln wie der Inhalt bestimmter Berichte und das Management offener Punkte.

Aktivität Projektsteuerungsmittel einrichten
Input Erfahrungsprotokoll, Projektbeschreibung, Risikoregister, Register offener Punkte, (Teil der) Projektleitdokumentation (Qualitäts-, Risiko-, Konfigurations- und Kommunikationsmanagementstrategie)
Erstellen (Teil der) Projektleitdokumentation (Projektsteuerungsmittel, Rollenbeschreibungen)
Aktualisieren (Teil der) Projektleitdokumentation (Struktur des Projektmanagementteams)

Projektplan erstellen

Die wohl wichtigste Aktivität des Prozesses Initiieren eines Projekts ist die Erstellung des Projektplans. Dieser Plan dient dem Lenkungsausschuss zur Beurteilung des Projektfortschritts.

Projektplanung ist sehr zeitintensiv und kann in der Regel nicht alleine durch den Projektmanager durchgeführt werden. Vielmehr wird in verschiedenen Workshops mit Spezialisten der Lieferebene der Plan gemeinsam erstellt. Denn in aller Regel hat der Projektmanager dieses umfassende Spezialistenwissen nicht (und muss es auch nicht haben).

Der Projektplan wird in seiner ersten Version die Laufzeit des Projekts, die benötigten Ressourcen sowie die Produktbeschreibung des Projektendproduktes, die Produktbeschreibungen der Hauptprodukte des Projekts sowie einen Produktstrukturplan und ein Flussdiagramm enthalten.

Aktivität Projektplan erstellen
Input Erfahrungsprotokoll, Risikoregister, Register offener Punkte, Projektbeschreibung (Projektlösungsansatz, Produktbeschreibung des Projektendproduktes), (Teil der) Projektleitdokumentation (Qualitäts-, Kommunikations-, Risiko- und Konfigurationsmanagementstrategie, Projektsteuerungsmittel)
Erstellen (Teil der) Projektleitdokumentation (Projektplan)
Aktualisieren Konfigurationsdatensätze, (Teil der) Projektleitdokumentation (Struktur des Projektmanagementteams, Rollenbeschreibungen)

Business Case verfeinern

Die geschäftliche Rechtfertigung für ein Projekt wurde bereits in Vorbereiten eines Projekts in dem Business Case-Entwurf aufgezeigt. Mit Fertigstellung des Projektplans und den dort enthaltenen Rahmendaten kann der Business Case nun verfeinert werden.

Am Ende steht dem Lenkungsausschuss ein vollständiger Business Case zu Verfügung. Dieser enthält detaillierte Informationen zu:

  • Zeit
  • Kosten
  • Investitionskostenrechnung
  • Risiken
  • erwarteten negativen Nebeneffekten
  • erwartetem Nutzen
  • Gründen und den Optionen

Auf Basis dieser geschäftlichen Rechtfertigung entscheidet der Lenkungsausschuss über die Fortführung des Projektes bzw. den vorzeitigen Abschluss.

Ein weiterer Bestandteil dieses Prozesses und dieser Aktivität ist die Erstellung des Nutzenrevisionsplans, der von nun an während der gesamten Projektlaufzeit parallel zum Business Case aktualisiert wird.

Der Nutzenrevisionsplans plant, wann Nutzenrevisionen durchzuführen sind, welche Ressourcen für eine Nutzenrevision benötigt werden und welche Aktionen hierbei auszuführen sind.

Der eigentliche Nutzen des Projekts entsteht erst nach dem Projekt, wenn das Endprodukt übergeben wurde. Abhängig vom Produkt kann das kurz nach dem Projekt oder auch erst mehrere Jahre später sein. Es ist aber durchaus möglich, dass auch Nutzen während des Projekts erzielt wird. Für diesen Fall werden im Nutzenrevisionsplans Revisionen noch während der Projektlaufzeit eingeplant. Die Ergebnisse werden ebenfalls im Nutzenrevisionsplans verzeichnet.

Wenn das Projekt Teil eines Programms ist, kann bereits durch das Programm ein Nutzenrevisionsplans bereitgestellt worden sein.

Aktivität Business Case verfeinern
Input Projektbeschreibung (Entwurf des Business Case), (Teil der) Projektleitdokumentation (Projektplan), Risikoregister
Erstellen Nutzenrevisionsplan, (Teil der) Projektleitdokumentation (Detaillierter Business Case)

Projektleitdokumentation zusammenstellen

Die Projektleitdokumentation ist das Hauptmanagementprodukt aus dem Prozess Initiieren eines Projekts und bildet ab dem Zeitpunkt der Freigabe des Projekts durch den Lenkungsausschuss die Baseline für das Projekt. Die Projektleitdokumentation kann als Vertrag zwischen dem Lenkungsausschuss und dem Projektmanager angesehen werden. Da sich die Projektleitdokumentation aus vielen einzelnen Managementprodukten zusammensetzt, ist es häufig kein physisches Dokument, sondern eine logische Ordnung von Dokumenten.

Die Projektleitdokumentation enthält folgende Managementprodukte:

Im Anschluss wird der Antrag auf Ausführung des Projekts eingereicht.

Diese Aktivität löst zum einen den Prozess Lenken eines Projekts aus, da der Lenkungsausschuss formal die Projektausführung freigeben muss. Zum anderen wird der Prozess Managen eines Phasenübergangs ausgelöst, da gleichzeitig der Phasenplan für die nächste Phase erstellt werden muss.

Aktivität Projektleitdokumentation zusammenstellen
Input Projektbeschreibung (Projektdefinition, Projektlösungsansatz), Business Case, Struktur des Projektmanagementteams, Rollenbeschreibungen, Qualitätsmanagementstrategie, Konfigurationsmanagementstrategie, Risikomanagementstrategie, Kommunikationsmanagementstrategie, Projektplan, Projektsteuerungsmittel, Anpassung von PRINCE2
Erstellen Projektleitdokumentation
Ereignis Antrag auf Ausführung des Projekts, Erreichen des Phasenübergangs

Die anderen 6 Prozesse